Eigentumsschutz nach dem polnischen Zivilgesetzbuch



Zivilrechtlich genießt das Eigentum einen petiterorischen und possesorischen Schutz. Der erste schützt das Eigentumsrecht, der zweite den Besitz. Zu den wichtigsten Ansprüchen des petitorischen Schutzes gehören: der Herausgabeanspruch und der negatorische Anspruch auf Beseitigung und auf Unterlassung. Die Ansprüche werden oft von ergänzenden Ansprüchen begleitet - der Eigentümer kann sie gegen dem selbständigen Besitzer geltend machen (ein Nutzungsentgelt, Schadenersatz wegen Verschlechterung, Verbrauch oder Verlust der Sache, Herausgabe der bezogenen Nutzungen, die Entschädigung für verbrauchte oder nicht bezogene Nutzungen). Zu dem petitorischen Schutz gehört auch die Feststellungsklage - jeder Kläger kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes verlangen. Der Anspruch ist nicht befristet, deswegen kann die Feststellungsklage jederzeit eingereicht werden. Das Urteil hat lediglich einen deklaratorischen Charakter. Eine ähnliche Funktion hat die Überführung der Übereinstimmung des Grungbuchinhalts mit der tatsächlichen Rechtslage. Eine Person, deren Recht im Grundbuch falsch oder überhaupt nicht eingetragen ist, kann die Beseitigung der Unstimmigkeit verlangen.
 
Rei vindicatio - der Herausgabeanspruch dient der Herausgabe einer Sache von einer Person, die über eine Sache eine tatsächliche Herrschaft ausübt, es sei denn, diese Person ist dem Eigentümer gegenüber zur Ausübung dieser Herrschaft berechtigt. Der Vindikationsanspruch hat einen objektiven Charakter; die Gut- oder Bösgläubigkeit des Dritten spielt beim Anspruch keine Rolle. Der Anspruch folgt direkt aus dem Eigentumsrecht und ist damit unzertrennlich verbunden - ohne Herausgabeanspruch wäre die Befugnis des Eigentümers zum Besitz und zur Benutzung der Sache schutzlos. Eine separate Abtretung dieses Anspruchs ist nicht möglich. Dies unterscheidet den Vindikationsanpruch von den anderen Herausgabeanprüchen, die z.B. im Rahmen von obligatorischen Rechtsverhältnissen wie Miete oder Pacht entstehen.  Der Anspruch steht dem Eigentümer der Sache zu. Die Tatsache, dass der Eigentümer den Besitz der Sache auf eine andere Person übertragen hat, schließt seinen Herausgabeanspruch nicht aus, wenn diese Sache dem mittelbaren Besitzer  von einem Dritten entzogen wurde und der mittelbare Besitzer  auch einen anderen Herausgabeanspruch  gegen den Dritten hat. Das Gericht soll im Falle einer Interessenskollision  vor allem den Schutz der Rechte des Eigentümers beachten. Der Miteigentümer kann auch einen Herausgabeanpruch haben, soweit sich die Klage nicht gegen den anderen Miteigentümer richtet. Auch ein ewiger Nießbraucher und eine Person, der ein begrenztes dingliches Recht zusteht, können eine Vindikationsklage einreichen. Anspruchsgegner ist jeder, der die Sache in der tatsächlichen Herrschaft hat, ohne dazu dem Eigentümer gegenüber berechtigt zu sein. Dabei ist unerheblich, ob diese Person Fremdbesitzer, Eigenbesitzer oder Besitzdiener ist. Hat er ein Recht auf den Besitz, welches er auf ein dingliches Recht wie Pfandrecht oder auf ein obligatorisches Verhältnis wie Miete, Pacht etc. stützt, so wird der Anspruch abgewiesen. Der Kläger muss im Laufe des Verfahrens sein Eigentumsrecht und die Sachherrschaft des Beklagten beweisen (das Prinzip der Beweislast des Klägers). Ein Beweis ist dadurch erschwert, der Eigentümer kann sich jedoch auf eine gesetzliche Eigentumsvermutung berufen, dass ein ins Grundbuch eingetragenes Eigentumsrecht mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmt und ein gelöschtes Recht nicht existiert.
 
Eine Verteidigungsmöglichkeit bietet das Zurückbehaltungsrecht an: eine Person, die zur Herausgabe der Sache verpflichtet ist, kann die Sache zur Befriedigung oder Sicherung ihrer Ansprüche auf Erstattung der Verwendungen und auf Ersatz des durch die Sache verursachten Schadens behalten. Das Recht ist ausgeschlossen, wenn diese Person die Sache aus einer deliktischen Handlung erlangt hat oder wenn es sich um eine Leih-, Pacht- oder Mietsache handelt. Zu beachten ist, das Recht führt zum Aufschub der Herausgabe der Sache - nicht zur Abweisung der Vindikationsklage. Die Einwendung der Verjährung kommt nur bei beweglichen Sachen in Frage (die 10-jährige Verjährungsfrist gerechnet ab dem Tag des Besizentzugs). Das Wesen des Vindikationsanspruchs ist die Herausgabe der Sache, also Übertragung des unmittelbaren Besitzes auf den Eigentümer - es handelt sich aber hier nicht um die Herausgabe mit allen Nutzungen. Um den Anspruch zu befriedigen, muss die Herausgabe der Sache erfolgen und zwar in einem Zustand, in dem sie sich aktuell befindet - der Eigentümer ist grundsätzlich dazu verpflichtet, die Sache abzunehmen, selbst wenn ihr Zustand sich verschlechtert hat.

Actio negatoria - der Eigentumsstörungsanspruch soll vor anderen Eigentumsbeeinträchtingungen als der Entziehung der tatsächlichen Sachherrschaft schützen. Sie können auch in Form der mittelbaren oder unmittelbaren Immissionen erfolgen und sind objektiv zu beurteilen, d.h. die Schuld oder Vorsatz des Störers sind unerheblich, wichtig ist nur die Beeinträchtigung der Befugnis des Eigentümers, die Sache unter Ausschluss anderer Personen zu nutzen. Die Eigentumsbeeinträchtigung kann nur durch menschliche Handlung verursacht werden; weiterhin muss sie rechtswidrig sein. Der Anspruch steht grundsätzlich dem Eigentümer zu, aber auch dem Miteigentümer, dem ewigen Nießbraucher und dem Inhaber eines beschränkt dinglichen Rechts. Der Anspruchsgegner ist grundsätzlich der unmittelbare Störer. Dem Beklagten bleibt als Verteidigung die Einwendung, dass er kein Störer ist, oder, dass die Beeinträchtigung rechtmäßig war, zur Verfügung. Er kann sich auch auf die Verjährung des negatorischen Anspruchs berufen (eine Frist von 10 Jahren). Im Rahmen des Anspruchs kann der Kläger 2 Sachen verlangen - die Wiederherstellung des rechtsmäßigen Zustands und die Unterlassung der weiteren Beeinträchtigungen.
 
Ergänzende Ansprüche - Deren Aufgabe ist das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nach der Beeinträchtigung ins ursprüngliche Gleichgewicht zu bringen, deswegen enthalten sie auch den Gegenanspruch des selbständigen Besitzers auf die Erstattung der Verwendungen.  Diese Ansprüche sind völling unabhängig vom Herausgabeanspruch und können übertragen werden (Zession). Man unterscheidet zwischen 3 Besitzern: 1) dem gutgläubigen Besitzer, 2) dem Besitzer nach der Kenntnisnahme über die Klageerhebung, 3) und dem bösgläubigen Besitzer.
 
Ansprüche des Eigentümers
1. Ansprüche auf Nutzungsentgelt und Herausgabe der Sachfrüchte. Das Nutzungsentgelt ist ein einmaliger Betrag für die Zeit, in der der Besitzer die Sache ohne Rechtsgrundlage benutzt hat. Es steht dem Eigentümer in solcher Höhe zu, in welcher er es unter solchen Umständen hätte erhalten können, wenn sie in seinem Besitz wäre. Das Entgelt umfasst den normalen Verbrauch der Sache, welche eine natürliche Folge der ordnungsgemäßen Nutzung der Sache ist, nicht aber die Rückgabe des erwarteten, entgangenen Gewinns (lucrum cessans). Das Bestehen und der Umfang ist von der Art der Besitzes abhängig. Der gutgläubige Besitzer ist befreit, aber nachdem er Kenntnis über die Klageerhebung erlangt hat, ist er zur Herausgabe der bezogenen Nutzungen verpflichtet, die er ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme bezogen und nicht verbraucht hat. Der bösgläubige Besitzer ist zur Zahlung eines Nutzungsentgelts verpflichtet und zwar für die ganze Besitzzeit. Er kann zur Ersetzung des Wertes der Sachfrüchte verpflichtet sein, die er wegen der schlechten Bewirtschaftung nicht bezogen hat.  Die Ansprüche verjähren nach 1 Jahr ab dem Tag der Herausgabe der Sache.

2. Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Verbrauch oder Verlust der Sache. Der Eigentümer ist grundsätzlich zur Entgegennahme der Sache unabhängig von ihrem Zustand verpflichtet. Existiert die Sache nicht mehr, so erlischt der Herausgabeanspruch. Unter dem Verlust versteht man den Verlust im ökenomischen Sinne d.h. das Nichtbestehen der Sache, also entweder die vollständige Zerstörung oder den sog. unproduktiven Verlust der Gewalt des Besitzers, wie Diebstahl. Kein Verlust ist dagegen die Übergabe des Besitzes durch den Besitzer an einen Dritten aufgrund eines Rechtsverhältnisses, infolge der er für die Sache eine andere Sache oder ein Äquivalent in Geld erhalten hat. Verlust ist auch nicht der Entzug des Besitzes im Rahmen einer Vollstreckung  und Zerstörung der Sache, für die der Besitzer ein Äquivalent wie Schadensersatz erhalten hat. In den 3 oben genannten Fällen finden die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung Anwendung.
 
Anspruch auf Verwendungsersatz - der gutgläubige Besitzer kann von dem Eigentümer der Sache den Ersatz von notwendigen Verwendungen nur soweit verlangen, als sie durch die Nutzungen, die er aus der Sache bezogen hat, nicht gedeckt wurden. Den Ersatz der anderen Verwendungen kann er dagegen immer verlangen, unter der Bedingung, dass sie den Wert der Sache im Zeitpunkt ihrer Herausgabe an den Eigentümer steigern. Der Besitzer nach der Kenntnisnahme kann immer den Ersatz der notwendigen Verwendungen verlangen. Er ist dem Besitzer gegenüber weder zum Ersatz von nützlichen noch von Luxusverwendungen, die der Besitzer nach der Kentnissnahme über die Klageerhebung gemacht hat, verpflichtet. Ähnlich wie bei dem Besitzer nach der Kenntnisnahme ist beim bösgläubigen Besitzer der Ersatz für seine nützliche und Luxusverwendungen ausgeschlossen.
 
Wegnahmerecht - Der gutgläubige Besitzer kann zwischen dem Wegnamerecht und Verwengsersatz wählen, wenn der Besitzer verschiedene Gegenstände, die ihm gehören, mit der Hauptsache verbindet.
 
Ein besonderer Fall der Verwendung auf das Grundstück ist die Errichtung eines Gebäudes oder einer anderen Anlage. Das polnische Zivilgesetzbuch enthält 2 Ansprüche: des Besitzers und des Eigentümers auf Übertragung des Grundstückseigentums gegen eine angemessene Vergütung. Die entsprechenden Vorschriften setzen voraus: Eigenbesitz, Errichtung eines Gebäudes oder einer Anlage, der Wert des errichteten Gebäudes muss den Wert des Grundstücksteils erheblich übersteigen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kann der Eigentümer gegen den Besitzer einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks gegen eine angemessene Vergütung geltend machen. Auch der Besitzer hat gegen den Eigentümer einen Anspruch auf Übertragung des Grundstückseigentums gegen eine angemessene Vergütung.

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