Präklusivfristen im polnischen Zivilrecht



Im polnischen Zivilrecht gibt es eine Vielzahl von Präklusionsfristen. Sie wurden nicht nach einheitlichen Regeln vom Gesetzgeber geschaffen und lassen sich nicht abschließend klassifizieren. Der Gesetzgeber regelte im polnischen Zivilgesetzbuch (ZGB)  keine allgemeinen Regeln, die sich auf die Präklusion beziehen, vielmehr sind entsprechende Vorschriften, die eine Präklusionsfrist setzen, über mehrere Stellen des Gesetzes zerstreut. Präklusionsfristen lassen sich in zwei Gruppen einteilen: gerichtliche und außergerichtliche Präklusion.  Die außergerichtliche Präklusion bezieht sich auf Fristen, die zur Geltendmachung von Ansprüchen gesetzt wurden. Aus den verfahrensrechtlichen Vorschriften ergibt sich die zweite Kategorie der Präklusionsfristen.
 
Als ein Beispiel für eine gerichtliche Präklusion kann der Art. 78 Abs. 1 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches genannt werden. Dieser legt eine Frist von sechs Monaten zum Einreichen einer Vaterschaftsanerkennungsklage fest. Artikel 563 ZGB basiert dagegen auf der außergerichtlichen Präklusion. Dort ist eine monatliche Frist für die Benachrichtigung des Verkäufers über Sachmangel des Kaufgegenstandes vorgesehen. Wenn sie nicht eingehalten wird, dann verliert der Käufer die Gewährleistungsansprüche.

Die Folgen der Präklusion bezeichnet man als sehr rigoros. Zum einen, weil mit dem Fristablauf der Anspruch erlischt und zum anderen, weil es keine allgemeinen Regeln gibt, aufgrund derer man klare Ausnahmetatbestände bestimmen könnte. Um die strengen Konsequenzen des Fristablaufs zu vermeiden wird vorschlagen, die Folgen der Präklusion aufgrund von Art. 5 ZGB zu bemessen und folglich den Tatbestand des Missbrauchs von subjektiven Rechten als Maßstab anzuwenden. Es ist umstritten, ob diese Lösung zulässig ist. Eine ähnliche Funktion könnte auch eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Verjährung haben. Insbesondere wird auf Art. 121 Nr. 4 ZGB hingewiesen, der eine Hemmung des Fristablaufs in Folge höherer Gewalt vorsieht. Für den Art. 123 Abs.1 ZGB befürwortet  man auch eine analoge Anwendung, wonach auch im Falle der Präklusion der Fristablauf unterbrochen werden könnte, wenn der Anspruch anerkannt wird.

Bei den gerichtlichen Präklusionen ist die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung bestimmter Befugnisse eingeschränkt. Sie wird auf Amtswegen festgestellt. Art. 5 ZGB kommt nur ausnahmsweise zur Anwendung.

Folgende gerichtliche Präklusionsfristen sind beispielsweise im ZGB vorgesehen:

1) 5 Jahre - Art. 534 ZGB - Unwirksamkeitserklärung eines Rechtsgeschäfts, das bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners den Gläubiger benachteiligt (actio pauliana),
2) Art. 901 ZGB - Aufhebungsvertrag eines Schenkungsvertrages durch den Vertreter eines Entmündigten,
3) Art. 344 Abs. 2 ZGB - Ausübung des possessorischen Anspruchs des Besitzers wegen Beeinträchtigung seines Besitzes,
4) 6 Monate - Art. 940 Abs. 2 ZGB - Ausschluss eines Ehegatten von der Erbfolge
5) 1 Monat - Art. 70 (5) ZGB - Erklärung der Nichtigkeit eines Vertrages, der im Wege einer Ausschreibung oder einer Versteigerung geschlossen wurde.

Eine Möglichkeit, die subjektiven Rechte  ohne die Beteiligung eines staatlichen Durchsetzungsorgans durchzusetzen, ist durch die außergerichtliche Präklusion eingeschränkt. Meistens handelt es sich dabei um rechtsgestaltende Befugnisse:

1) 3 Jahre – Art. 568 Abs. 1 ZGB - Erlöschen von Gewährleistungsrechten bei Sachmängeln an einem Gebäude,
2) 1 Jahr - Art. 88 Abs. 2 ZGB - Anfechtungsrecht bei Irrtum oder Drohung,
3) 1 Monat- Art. 598 Abs. 2 ZGB - Erklärung zum Vorkaufsrecht hinsichtlich eines Grundstücks.

Außer den oben genannten Präklusionstypen, die aus materiell rechtlichen Vorschriften des Zivilgesetzbuchs hervorgehen, gibt es auch Regeln, die im Prozessrecht wurzeln und einen verfahrensrechtlichen Charakter haben.