Das polnische Nachbarrecht



Rechtsgrundlage: das polnische Zivilgesetzbuch vom 23.04.1964, bereinigte Fassung: polnisches Gesetzblatt aus dem Jahr 1964, Nr.16, Pos. 93 mit Änderungen

Zum Nachbarrecht zählt man die Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten der Grundstückseigentümer in der nachbarschaftlichen Beziehung bestimmen. Das Nachbarrecht bildet heutzutage keinen isolierten Bereich, die Vorschriften des Nachbarrechts sind in verschiedenen Regelungen, vor allem in dem polnischen Zivilgesetzbuch (Art. 143 – 154), zu finden. Die anderen Vorschriften, welche das Nachbarrecht beeinflussen können, sind auch etwa im Wasserrecht oder im Geodäsierecht enthalten. Die Vorschriften des Zivilgesetzbuches bestimmen die Grundsätze für die Nutzung der Immobilien und regeln die Grenzbeziehungen.

Gemäß Art. 144 ZGB soll es der Eigentümer bei der Ausübung seiner Rechte vermeiden, die nachbarschaftlichen Immobilien übermäßig zu beeinträchtigen. Die entsprechenden Richtwerte ergeben sich hier aus der gesellschaftswirtschaftlichen Bestimmung der Immobilie. Die obige Regelung bildet den Grundsatz des Nachbarrechts.

Innerhalb des Nachbarrechts spielen aber auch die Vorschriften über den sogenannten Notweg eine wichtige Rolle. Wenn die Immobilie keinen geeigneten Zugang zum öffentlichen Weg oder zu den Hofgebäuden, die zu der Immobilie gehören, hat, dann hat der Eigentümer dieser Immobilie einen Anspruch gegen die anderen Eigentümer benachbarter Grundstücke darauf, dass diese die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Der Notweg wird so geführt, dass die Bedürfnisse der Immobilie, der eine notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, angemessen berücksichtigt werden und die benachbarten Immobilien zugleich möglichst wenig belastet werden. Die gesellschaftswirtschaftliche Bestimmung der Immobilien findet auch hier Berücksichtigung (Art. 145 ZGB). Diese oben genannten Vorschriften finden auf den Besitzer eines Grundstücks eine analoge Anwendung.

Gemäß Art. 147 ZGB darf der Eigentümer eines Grundstücks die Erdarbeiten nicht so ausführen, dass den benachbarten Grundstücken Verlust der erforderlichen Stütze droht. Diese Vorschrift dient dem Schutz anderer Immobilien und weist auf die Regel, dass die Nutzung einer Immobilie die anderen Grundstücke nicht übermäßig beeinträchtigen darf,  hin.

Überdies darf der Eigentümer den Nachbargrund betreten, wenn er die Früchte und Zweige, die zu seinen Bäumen gehören, beseitigen will. Der Eigentümer des benachbarten Grundstücks kann in so einem Fall den Ersatz eines so entstandenen Schadens verlangen. Wenn die Früchte und Zweige über dem Nachbarsgrundstück hängen, kann der Eigentümer dieses Grundstücks diese abschneiden und für sich behalten, wenn er vorher eine angemessene Frist dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht, für die Beseitigung der Früchte und Zweige gesetzt hat (Art.149, 150 ZGB).

Eine Sonderregelung enthält Art. 151 ZGB. Diese Vorschrift bildet die Rechtsgrundlage für Ansprüche des Eigentümers, dessen Eigentum dadurch beeinträchtigt wurde, dass die Grenzen seiner Immobilie beim Errichten eines neuen Gebäudes oder einer anderen Anlage durch den Nachbar ohne Vorsatz überschritten wurden. In solch einer Situation steht dem Eigentümer kein Restitutionsanspruch zu, es sei denn, dass er der Grenzüberschreitung unverzüglich widersprach oder wenn ihm ein unverhältnismäßig großer Schaden droht. Der Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks kann jedoch eine angemessene Vergütung für die Begründung einer Grunddienstbarkeit oder Aufkauf des besetzten Grundstücks verlangen.

Gemäß Art. 152 ZGB sind die Eigentümer der Nachbargrundstücke zur Mitwirkung bei der Abgrenzung ihrer Immobilien sowie der Erhaltung der Grenzzeichen verpflichtet. Die damit verbundenen Kosten belasten sie gemeinsam zu gleichen Teilen.

Wenn die Grenzen der Immobilien streitig werden und die Rechtslage nicht bestimmt werden kann, dann bestimmt man die Grenzen nach dem letzten unstreitigen Stand des Besitzes. Wenn auch diese Methode scheitert und das Abgrenzungsverfahren nicht zum Vergleich zwischen den Eigentümern führt, dann bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenzen.

Art. 154 ZGB bildet im Nachbarrecht die Vermutung dafür, dass die Mauern, Zäune und andere ähnliche Anlagen, die sich an der Grenze von den Nachbargrundstücken befinden, der gemeinsamen Nutzung dienen. Dieselbe Regel gilt auch für Bäume und Sträucher, die sich an der Grenze befinden. Die Kosten, die mit der Nutzung genannter Anlagen verbunden sind, sind von den Eigentümern benachbarter Grundstücke gemeinsam zu tragen.