Wann eine Ehe in Polen geschieden werden kann

 

Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen, zumindest theoretisch. Dass es so nicht immer ist folgt schon aus den von Jahr zu Jahr steigenden Scheidungszahlen. Im Jahr 2009 gab es bereits 65.345 Scheidungen in Polen, im Jahr 2000 waren es noch 42.770, im Jahr 1970 lediglich 34.574. Die Entwicklungsrichtung ist damit deutlich.

 

Was tut man also, wenn man sich in der Ehe nicht mehr versteht? Möglichkeiten gibt es viele, einige sind besser, einige schlechter. Am Ende lassen sich jedoch viele scheiden. Und was man in dieser Hinsicht in Polen zu beachten hat, das entnehmen Sie den nachfolgenden Ausführungen.

 

Der polnische Gesetzgeber versucht realitätsnahe Vorschriften zu erlassen und lässt daher Scheidungen zu. Nur in Ausnahmefällen hält er bestimmte Interessen für schutzwürdiger.
 
Das polnische Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch (Kodeks rodzinny i opiekuńczy) regelt Fälle, in denen eine Ehe geschieden werden kann (Art. 56 ff.). Gemäß Absatz 1 des Art. 56 kann die Ehe durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden, wenn die Ehe gescheitert ist, sprich wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht oder wie der polnische Gesetzgeber es genau formuliert, wenn eine vollständige und dauerhafte Zerrüttung des Zusammenlebens eingetreten ist. Wie das zu verstehen ist, das erklärt der Gesetzgeber nicht. Die Rechtsprechung nimmt jedoch an, dass das Zusammenleben vollständig und dauerhaft zerrüttet ist, wenn nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten die zwischen ihnen bestandene Lebensgemeinschaft wiederherstellen. Liegt ein solcher Fall vor, kann jeder der Ehegatten beantragen, dass die zwischen ihnen bestehende Ehe durch richterliche Entscheidung geschieden wird
 
In Ausnahmefällen lässt der Gesetzgeber jedoch Scheidungen in Polen nicht zu. Eine gescheiterte Ehe wird nicht geschieden, wenn dadurch das Wohl gemeinsamer, minderjähriger Kinder zu leiden hätte. Eine gescheiterte Ehe kann auch dann nicht geschieden werden, wenn ein Scheidungsspruch auch aus anderen Gründen gegen die Grundsätze des gesellschaftlichen Zusammenlebens verstoßen würde. Wann hier ein solcher Fall vorliegt, ist Auslegungssache. Es muss sich jedoch um schwerwiegende Gründe handeln, allein ein Scheidungswunsch als solcher wird in dem katholischen Polen nicht als ein Verstoß gegen die Grundsätze des gesellschaftlichen Zusammenlebens bewertet.

 

Der polnische Gesetzgeber sieht noch einen weiteren Ausschlussgrund vor. Gemäß Art. 56 Abs. 3 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches kann die Ehe nicht geschieden werden, wenn die Scheidung von dem Ehegatten begehrt wird, welcher die alleinige Schuld für das Scheitern der Ehe trägt. Eine Ehe wird jedoch auch in einem solchen Fall geschieden werden, wenn der andere Ehegatte der Scheidung zustimmt oder wenn die Zustimmungsverweigerung in konkreten Umständen gegen die Grundsätze des gesellschaftlichen Zusammenlebens verstoßen würde.

 

Kann die Ehe geschieden werden, erfolgt dies durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten.

 

Das Gericht entscheidet dann im Scheidungsverfahren über die elterliche Sorge über die gemeinsamen Kinder und über die damit zusammenhängenden Unterhaltspflichten der Ehegatten sowie über die weitere Nutzung der gemeinsamen Wohnung. Auf Wunsch eines der Ehegatten kann das Gericht im Scheidungsverfahren ebenfalls über die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens und auf Wunsch beider auch über die Aufteilung der gemeinsamen Wohnung urteilen.

 

 

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