Das polnische Solzialversicherungsrecht – eine Übersicht



Einführung

Das System der sozialen Sicherung in Polen hat eine komplexe Struktur und besteht aus den folgenden Elementen:

- dem System der Sozialversicherung und der sozialen Grundsicherung
- dem System der Krankenversicherung
- den Leistungen bei Arbeitslosigkeit
- den Leistungen für Familie

Die Versicherungspflicht für den Fall bestimmter sozialer Risiken und die Leistungsgarantien im Falle des Eintretens eines solchen Risikos sind in zahlreichen Rechtsakten festgeschrieben, so etwa in der Verfassung der Republik Polen und dem Gesetz vom 13. Oktober 1998 über das System der Sozialversicherungen.

Die Aufgaben im Bereich der „sozialen Sicherung“ werden unter anderen durch folgende Träger erfüllt: 

- die Sozialversicherungsanstalt (Zakład Ubezpieczeń Społecznych) – die staatliche Sozialversicherung in Polen, die die Beiträge für Sozial- und Krankenversicherung von Arbeitnehmern sammelt und Leistungen auszahlt
- die Kasse der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Kasa Rolniczego Ubezpieczenia Społecznego – KRUS) – leistet Geld- und Sachleistungen im Rahmen einer Rentenprävention aus der Sozialversicherung für Landwirte
- das Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik (Ministerstwo Pracy i Polityki Społecznej) – zahlt Leistungen im Falle von Arbeitslosigkeit, Leistungen für Familie und Sozialleistungen (aus Mitteln der Sozialhilfe) aus
- den Nationalen Gesundheitsfonds (Narodowy Fundusz Zdrowia – NFZ) – zahlt Sachleistungen aus der Krankenversicherung aus
- die Offenen Pensionsfonds (otwarte fundusze emerytalne – OFE) – sie sammeln Mittel ein und investieren diese für die Finanzierung eines Teils der neuen Altersrente im Rahmen der sog. zweiten Säule. Die Rolle der OFE wurde jedoch mit der Reform aus dem Jahr 2014 minimiert
- die betrieblichen Alterssicherungspläne (pracownicze programy emerytalne) – sie sammeln Mittel ein und investieren diese für die Finanzierung eines ergänzenden (freiwilligen) Teils der neuen Altersrente im Rahmen der „dritten Säule“.

Die Sozialversicherungspflicht betrifft grundsätzlich nur die Personen, die auf Grund eines Arbeitsvertrages tätig sind. In bestimmten Fällen sind auch die Auftragnehmer dazu verpflichtet.

Ausgewählte Leistungen

Die Altersrente

Am 1. Januar 1999 ist eine Kernreform des Systems der Altersvorsorge in Kraft getreten. Seit 1999 funktionieren in Polen parallel zwei Altersrentensysteme:

- Das alte System – für Personen, die vor dem 1. Januar 1949 geboren wurden
- Das neue System – für Personen, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren wurden

Die nach dem 31. Dezember 1948 und vor dem 1. Januar 1969 geborenen Personen konnten das  Altersrentensystem selbst wählen.

Die Altersrente, die nach dem alten System berechnet wird, beträgt 24% des Basisbetrages + 1,3% der Bemessungsgrundlage für jedes Jahr der Beitragszeiten. Dafür ist nur ZUS zuständig, also die erste Säule in dem neuen Altersrentensystem.

Das neue Altersrentensystem besteht aus drei Säulen. Die erste Säule wird vom ZUS, die zweite (OFE) und dritte werden durch private Träger verwaltet. Die zweite Säule besteht aus zwei Teilen: den Offenen Pensionsfonds und den Subkonten bei der ZUS. Die Zugehörigkeit zu der dritten Säule ist freiwillig und soll höhere Altersrentenleistungen gegen einen zusätzlichen Beitrag sicherstellen.

Die Beiträge zur Altersrentenversicherung (in Höhe von 19,52%) werden aus den Mitteln des Versicherten (Arbeitnehmer) und des Beitragszahlers (Arbeitgeber) in gleicher Höhe von jeweils 9,76% der Bemessungsgrundlage gezahlt.

Die Sozialrente

Einen Anspruch auf Sozialrente haben volljährige Personen, die aufgrund der Beeinträchtigung ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit für voll erwerbsgemindert befunden worden sind. Die Sozialrente kann befristet oder unbefristet gewährt werden.

Wenn der Gutachter der ZUS oder der Ärzteausschuss feststellen, dass die volle Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmer dauerhaft ist, dann hat der Leistungsempfänger Anspruch auf die unbefristete Sozialrente. Bei festgestellter vorübergehender Arbeitsunfähigkeit besteht Anspruch auf eine Sozialrente in Form einer Zeitrente für die Dauer, die in dem von dem Sozialrentenorgan erlassenen Bescheid genannt ist.

Die Lohnfortzahlung und das Krankengeld

Lohnfortzahlung wird vom Arbeitgeber finanziert. Sie steht dem Arbeitnehmer für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit zu. Die Lohnfortzahlung wird insgesamt nur bis zu 33 Tagen im Kalenderjahr (bei einem Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, nur bis zu 14 Tagen) gezahlt und beträgt entweder 80% oder 100% der Bemessungsgrundlage. Die Beiträge zur Krankengeldversicherung (in Höhe von 2,45%) werden im Ganzen von den Versicherten (den Arbeitnehmern) selbst getragen.

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf das Krankengeld nach Beendigung des Zeitraums, in dem das Lohnfortzahlungsgeld gezahlt wird.  Personen, die Beiträge zur Krankengeldversicherung freiwillig zahlen, haben Anspruch auf das Krankengeld bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit, d.h. sie haben keinen Anspruch auf das Lohnfortzahlungsgeld. Das Krankengeld beträgt 70%, 80% oder 100% der Bemessungsgrundlage.

Die Rehabilitationsleistung

Die Leistung steht dem Versicherten zu, der nach Ablauf des Krankengeldes nach wie vor arbeitsunfähig ist, und eine weitere Behandlung bzw. die medizinische Rehabilitation erlauben die Prognose, dass er die Arbeitsfähigkeit wieder erlangen wird. Sie kann maximal 12 Monate lang gezahlt werden. Die Höhe der Rehabilitationsleistung aus der Krankengeldversicherung beträgt entweder 75%, 90% oder 100%.