Kompetenzen des Premierministers in Polen



Die staatliche Gewalt ist in Polen geteilt in die gesetzgebende Gewalt (Legislative), die ausführende Gewalt (Exekutive) und die rechtsprechende Gewalt (Judikative). Sie wird durch verschiedene Organe ausgeübt, die sich gegenseitig kontrollieren.

Der Premierminister von Polen (pol. Prezes Rady Ministrów) ist der Chef der polnischen Regierung. Er wird vom Präsidenten ernannt und ihm unterstehen alle Ministerien der Regierung. Er ist ein eigenständiges Organ mit sehr vielen weitreichenden Befugnissen. Zu den zwei wichtigsten Rechtsakten, die seine verfassungsrechtliche Stellung und seine Kompetenzen regeln, gehören:

Die Verfassung der Republik Polen (pol. Konstytucja Rzeczpospolitej Polskiej)
Polnisches Gesetzblatt aus dem Jahr 1997, Nr. 78, Pos. 483
Das Gesetz über den Ministerrat (pol. Ustawa o Radzie Ministrów)
Polnisches Gesetzblatt aus dem Jahr 1996, Nr. 106, Pos. 492

Seine ersten Kompetenzen fangen bereits mit der Neuformierung der Regierung an, wo er innerhalb von 14 Tagen nach seiner Ernennung dem Sejm sein Regierungsprogramm vorstellt, was mit einer Vertrauensfrage verbunden ist. Der künftige Premierminister hält ein Exposé, wo die Grundzüge des Regierungsprogramms dem Sejm vorgestellt werden. Dies ist seine Kompetenz, Pläne und Absichten sowie beabsichtigte Politik der Regierung vorzustellen, aber auch seine Pflicht, um das Vertrauensvotum zu bekommen. Darüber hinaus hat er das ausschließliche Recht, dem Staatspräsidenten Änderungen der Zusammensetzung des Ministerrates vorzuschlagen, d.h. er beantragt die Ernennung und Entlassung der einzelnen Mitglieder des Ministerrates.

Die polnische Verfassung benennt direkt seine verfassungsrechtliche Aufgaben und Befugnisse. Er ist das einzige Organ des Staates, das allein die staatliche Regierung auf der internationalen Ebene vertreten darf. Das durch die Verfassung zugewiesene Recht, die Arbeitsweise des Ministerrates zu koordinieren und kontrollieren gibt ihm eine führende Position in der Struktur der polnischen Regierung.

Die Kompetenzen des Premierministers ergeben sich direkt aus der Verfassung. Laut Art. 148 polVerf vertritt er den Ministerrat und steht somit an der Spitze der polnischen Regierung. Weiterhin leitet er die Arbeit des Ministerrates, hat die Befugnis Verordnungen zu erlassen (aufgrund einer Verordnungsermächtigung in einem Gesetz), gewährleistet die Durchführung der Politik des Ministerrates und bestimmt die Weise ihrer Durchführung. Er koordiniert und übt Aufsicht über die Arbeit der Mitglieder des Ministerrates,  der örtlichen Selbstverwaltung in den von der Verfassung und von den Gesetzen bestimmten Grenzen und Formen aus und ist Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter der Regierungsverwaltung.

Der Premierminister hat auch einige Kompetenzen, welche sich auf den gesamten staatlichen Amtsapparat beziehen, also auf die Gesamtheit der Menschen, welche die staatlichen Funktionen ausüben. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Zuweisung ist er Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter der Regierungsverwaltung und auch Vorgesetzter des Personals des öffentlichen Dienstes, art. 153 Abs.2 polVerf.

Die Verfassung weist ihm auch die Kompetenz zu, sich einen oder mehrere stellvertretende Premierminister zu berufen, die auch die Funktion eines Ministers ausüben dürfen. Sie hält nicht fest, welche Funktionen die Vize-Premierminister wahrnehmen sollten. Daraus folgt, dass der Premierminister selbst die Aufgaben und Funktionen des stellvertretenden Premierministers festlegen kann, z.B. Leitung der Regierungssitzungen. Und dieser ist daran gebunden.

Anhand dieser weitgehenden Kompetenzen des Premierministers und der ihm zustehenden Gesetzesinitiative wird deutlich, dass er die Schlüsselposition in der Struktur und Funktionsweise der Regierung hat. Seine Befugnisse erweitern sich also auf die Leit- und Aufsichtsberechtigungen gegenüber der Mitglieder des Ministerrates sowie der örtlichen Selbstverwaltung. Diese besondere Zuständigkeit des Premierministers erlaubt es ihm, in die Arbeitsweise der Selbstverwaltung einzugreifen, sofern es eine gesetzliche Grundlage dafür gibt. Er kann die Verordnungen und Anordnungen der territorialen Selbstverwaltungsorgane aufheben.

Die Verfassung selbst räumt dem Premierminister eine Fülle von Befugnissen koordinierender und kontrollierender Natur ein. Die wirksame, effektive Leitung des Ministerrates, der einzelnen Minister und örtlicher Selbstverwaltung ist ihm aber durch das Gesetz über den Ministerrat möglich. Aufgrund dieses Gesetzes kann er verschiedene Hilfsorgane für sich selbst oder für den Ministerrat berufen, die ihm bei der Ausübung der staatlichen Aufgaben Unterstützung leisten sollen. Insbesondere handelt es sich hier um verschiedene Komitees, die ein bestimmtes Regierungsanliegen bewerten oder prüfen, auch ist der Premierminister befugt, Begutachtungs- und Beratungsräte zu berufen. Zu seinen weiteren Kompetenzen gehört auch die Berufung des Legislativrates und er bestimmt darüber, welche Aufgaben dieser übernehmen wird. Weiterhin, im Rahmen seiner organisatorischen Befugnisse, leitet der Premierminister die Arbeit des Ministerrates und beruft dessen Sitzungen ein. Hier leitet er die Sitzungen und ruft die Tagesordnungspunkte auf.