Kindesunterhalt bei getrennt lebendenden Eltern in Polen



Wenn die Ehe durch ein gerichtliches Urteil geschieden wird, entscheidet in Polen das Gericht, in welcher Höhe sich der Ehepartner bei den Unterhaltskosten des Kindes beteiligen muss. Grundsätzlich ist für minderjährige Kinder nur derjenige Elternteil dann barunterhaltspflichtig, bei dem das Kind nicht lebt (derjenige, bei dem das Kind lebt, leistet den so genannten Naturalunterhalt in Form von Betreuung und Versorgung; der andere Elternteil leistet den Barunterhalt in Form von monatlichen Geldzahlungen). Durch die gerichtliche Entscheidung entsteht dann eine Pflicht zur Zahlung von Kindesunterhalt.

Wenn es aber keine gerichtliche Entscheidung über die Unterhaltskosten gibt und der getrennt lebende Unterhaltspflichtige nicht freiwillig zahlt, kann eine Unterhaltsklage erhoben werden.

Rechtliche Grundlage

Die zentrale Regelung beinhaltet Art. 133 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches, der die grundsätzliche Verpflichtung der Eltern gegenüber dem Kind zum Unterhalt normiert. Die Vorschrift regelt, dass, solange das Kind noch nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, die elterliche Unterhaltspflicht besteht. Hier sind aber einige gesetzliche Ausnahmen zu beachten. Die Eltern sind zum Unterhalt nicht verpflichtet, wenn die Einkünfte aus dem Vermögen des Kindes die Kosten für seinen Unterhalt sowie seine Erziehung decken können. Außerdem können die Eltern die Unterhaltszahlungen verweigern, wenn diese mit zu großer Belastung verbunden sind oder wenn das Kind keine Bemühungen unternimmt, sich selbständig zu unterhalten.

Die Bestimmung, wann ein Kind nicht mehr unterhaltsberechtigt ist (weil es in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten), ist fallabhängig und lässt sich nicht abstrakt definieren. Grundsätzlich ist es aber dann, wenn das Kind seine Ausbildung abschließt und berufstätig werden sollte.

Die Höhe der Unterhaltszahlungen wird durch drei Faktoren beeinflusst:

1. Berechtigtes Bedürfnis des Kindes
2. Einkommens- und Vermögensmöglichkeiten der Eltern 
3. Persönliche Erfüllung der Unterhaltspflicht in Form von Betreuung und Versorgung für das Kind

Da es in Polen keine festgelegten Vorgaben zur Berechnung des Unterhaltes gibt, ist es immer eine Einzelfallentscheidung eines Richters, welchen Umfang die Unterhaltsleistungen haben sollten. Das berechtigte Bedürfnis umfasst alles, was für den Unterhalt wesentlich ist, und zwar nicht nur in materieller, sondern auch in kultureller und geistiger Hinsicht. Im Art. 96 steht, dass die Eltern verpflichtet sind, sich um die psychische und geistige Entwicklung des Kindes zu sorgen. Hier gilt ferner der Grundsatz der gleichen Lebensverhältnisse, d.h. dass die Kinder das Recht haben, in denselben Lebensverhältnissen zu leben wie ihre Eltern. Daraus folgt, dass die Eltern dazu verpflichtet sind, ihren Kindern dieselben Standards zu gewährleisten, in denen sie selbst leben. Sie müssen dem Kind also nicht nur die Verpflegung, Unterkunft oder Bekleidung sicherstellen, sondern auch Erziehungsmittel, die das Kind auf das spätere berufliche Leben vorbereiten. Darüber hinaus sind sie verpflichtet, alle mit dem Kind verbundenen Kosten zu decken, die entweder durch die Verwaltung dessen Vermögens entstehen oder aufgrund der elterlichen Haftung für das minderjährige Kind.

Der zweite entscheidungsrelevante Faktor für die Berechnung der Unterhaltsleistung ist die Einkommens- und Vermögensmöglichkeit der Eltern. Hier handelt es sich nicht nur um die tatsächlichen Einkünfte der betreffenden Person, sondern auch um die Einnahmen, die diese Person verdienen könnte, wenn sie ihr Erwerbspotenzial bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt in vollem Umfang nutzen würde. Ein Beispiel dazu wäre die Situation, wenn der Unterhaltspflichtige seinen erlernten, gut bezahlten Beruf aus irgendeinem Grund nicht ausübt. Wenn er nicht nachweist, dass er sich ausreichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat, wird als Grundlage für Unterhalt ein fiktives Einkommen festgelegt.

Der dritte Faktor steht mit dem zweiten in einer sehr engen Verbindung. Hierbei handelt es sich um die persönliche Sorge und Erziehung des Kindes. Ein regelmäßiger persönlicher Einsatz zur Pflege des Kindes, also die aktive Teilnahme im Erziehungsprozess des Kindes sowie Teilnahme an daraus entstehenden materiellen und nicht materiellen Kosten, kann die Unterhaltsverpflichtung mindern oder ganz ausschöpfen. Hier kommt es darauf an, auf welche Weise der Unterhaltspflichtige für das Kind persönlich sorgt.

Diese Umstände können sich, seitens der Unterhaltspflichtigen oder Unterhaltsberechtigten im Laufe der Zeit verändern. In einem solchen Fall kann eine Abänderung des Gerichtsbeschlusses verlangt werden.

Was passiert, wenn der Unterhaltspflichtige nicht zahlt?

Kommt die unterhaltspflichtige Person ihrer Verpflichtung nicht freiwillig nach, kann sie dazu gezwungen werden. Der andere Elternteil soll sich an das Gericht mit einer Klageschrift wenden, um den angemessenen Unterhalt für das Kind geltend zu machen. Hier muss der Anspruchssteller die Gerichtskosten nicht bezahlen. Nach polnischem Recht ist die Person, die die Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs betreibt, von der Übernahme der Gerichtskosten freigestellt.

Sollte der Unterhaltspflichtige, nach der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts seiner Pflicht immer noch nicht nachkommen, kann der andere Elternteil einen Gerichtsvollzieher beauftragen, um das Gerichtsurteil mit dem Vollstreckungstitel zu erwirken. In dem Antrag muss man die Person des Schuldners identifizieren und den Betrag der durchsetzbaren Leistung benennen, d.h. der fällige Unterhalt mit gesetzlichen Zinsen. Mit dem Antrag muss man auch die Gerichtsentscheidung vorlegen, die mit der Vollstreckungsklausel versehen ist.Â